Beschreibung
Nachdem die Böhmen besiegt waren, war niemand darüber so froh wie der Kaiser. Noch niemals hatte er mit rascheren Zähnen hinter den Fasanen gesessen, waren seine fältchenumrahmten Äuglein so lüstern zwischen Kredenz und Teller, Teller Kredenz gewandert. Wäre es möglich gewesen neben dem schweren kopfhängerischen Büffel zu seiner Linken, dem grauen Fürsten von Carafa, Hieronymus, und dem stolz schluckenden und gurgelnden Botschafter Seiner Heiligkeit im heißen Rom, - rot schimmernd die seidene knopfgeschlossene Soutane, purpurn unter dem Tisch die Beine mit Strümpfen und Schuhen, bei den schneeweißen zappelnden der deutschen Majestät - so hätte Ferdinand jeden den Vorhang durchlaufenden Kammerknaben, jeden Aufträger Vorschneider, erhaben mit schwarzem Stab abschreitenden Oberstkämmerer mit üppigem "Halloh" empfangen, ihm zugezwinkert: "Heran! Näher! Nicht gezögert, Herrchen, haha. Hier sitzt er." Kaute, knabberte, biß, riß, mahlte, malmte. Der Oberküchenmeister bewegte sich an den gelbseidenen Tapeten entlang, beäugte freudig listig durch das seitliche Gestänge des Baldachins die muskulösen Lippen Ferdinands, die wie Piraten die anfahrenden Orlogs entleerten, die Backentaschen, die sich rechts und links wulsteten, sich ihre Beute zuwarfen, sich schlauchartig entleerten, von der quetschenden Zunge sekundiert.
Autorenportrait
Bruno Alfred Döblin (* 10. August 1878 in Stettin; gestorben 26. Juni 1957 in Emmendingen) war ein deutscher Psychiater und Schriftsteller. Sein episches Werk umfasst mehrere Romane, Novellen und Erzählungen, daneben verfasste er unter dem Pseudonym Linke Poot satirische Essays und Polemiken. Als führender Expressionist und Wegbereiter der literarischen Moderne in Deutschland integrierte Döblin früh das Hörspiel und Drehbuch in seinem Werk. 1920 veröffentlichte er den historischen Roman Wallenstein. Darüber hinaus setzte Döblin als avantgardistischer Romantheoretiker mit den Schriften An Romanautoren und ihre Kritiker. Berliner Programm, Bemerkungen zum Roman und Der Bau des epischen Werks zahlreiche Impulse in der erzählenden Prosa frei.[1] Sein weitaus am stärksten rezipierter Roman ist Berlin Alexanderplatz.