Beschreibung
Für den bosnischen Germanisten ist Wien die letzte Hauptstadt Jugoslawiens, für den serbischen Literaturwissenschaftler ein Dorf, für die bulgarische Künstlerin längst Heimat. Der eine ist mit Roma aufgewachsen, die andere musste sich mit dem N-Wort ob ihrer Hautfarbe herumschlagen, der Piefke tat sich mit Gleichgesinnten zusammen, um ohne Häme die deutsche Fußballmannschaft anfeuern zu können. Sie alle bevölkern das Tschuschenaquarium - ein Wiener Spottwort für Schwimmbäder mit hohem Migrantenanteil. Der Tschusch - einst Schmähwort für den Jugo - ist längst Chiffre für die Fremden an sich geworden. Doch wer ist Einheimischer, wer Fremder? Fast jeder zweite Wiener ist zugewandert - gekommen als Gastarbeiter, Glücksritter, Flüchtling. Auch Stephan Ozsváth kam aus Berlin nach Wien und blieb hängen. Seine Wurzeln reichen bis nach Ungarn und Rumänien. Exemplarisch unternimmt der frühere Südosteuropa-Korrespondent der ARD Expeditionen zu besonders schillernden Exemplaren. Für ihn ist die Stadt Wien ein Tschuschenaquarium. Zwanzig Portraits von Wiener Typen stehen beispielhaft für den kulturellen Schmelztiegel Wien. Menschen aus 200 Nationen leben hier. Kriege und Krisen haben ihr Menschensediment in Österreichs Hauptstadt abgelagert. Klingelschilder und Firmenlogos zeugen von der Multikulturalität der Stadt. Die Völkermischung ist das Normal-Null einer Stadt, die schon immer multikulturell war und ist - ob als Machtzentrum der Donaumonarchie oder als lebenswerte Hauptstadt der Alpenrepublik. Wien ist Tschuschenaquarium, eine Wunderwelt von Menschen, Marotten, Mentalitäten. In die unternahm der Audionaut Ozsváth schon länger Hörexpeditionen und spuckte sie als Wien-Podcast wieder aus. Jetzt können sich auch Leser bereitmachen zum Tauchgang zu den Wiener Typen. Über im Buch enthaltene QR-Codes lässt sich trefflich eintauchen in Lese- UND Hörerlebnis, in Gutenbergs Erbe wie Radio 2.0. Zusammen ergeben die Portraits ein Kaleidoskop einer kunterbunten Stadt Wien.
Autorenportrait
Stephan Ozsváth, geboren 1965 in Andernach am Rhein. Vater Ungar, Mutter Rheinländerin. Studium in Berlin, Granada, Debrecen. Arbeitet seit 1992 als Journalist, zuletzt als ARD-Südosteuropa-Korrespondent im Studio Wien, inzwischen Freelancer für Funk- und Printmedien. Persönliche Website: www.der-rundfunker.com