Beschreibung
Die Moderne hat vielfache Entschuldungen im Blick auf Unfreiheiten der Täter entwickelt: Soziale, psychologische, pathologische, gesellschaftspolitische Schranken engen den Entscheidungsraum und damit die Schuld des Handelnden ein oder verstellen sie sogar gänzlich. Auch unter naturwissenschaftlichen Vorzeichen wird heute erneut eine Schuldfähigkeit des Menschen bestritten: Handeln, Fühlen, Denken seien neurobiologisch festgelegt. Dem stehen jedoch Argumente einer grundsätzlichen Schuldmöglichkeit des Menschen gegenüber - sogar bei verminderter Freiheit. Ist Verminderung von Freiheit vielleicht selbst schon ein Anzeichen von (eigener oder fremder) Schuld? Betrachtet werden muss eine mögliche Schuld, die sich nicht mehr selbst oder mit Hilfe anderer entschuldet. Daher wird ein Wortspiel ausgeleuchtet: Im Absoluten gibt es Absolution. Und Vergebung (Absolution) als reine Gabe wurde zu Beginn des neuen Millenniums eingefordert. Was kann das heißen, und wer spricht die Gabe zu? Von welchem Raum des Denkbaren her kann Vergebung thematisiert werden? Gibt es die Verzeihung des Unverzeihlichen nicht nur als Spiegelung des (vergeblich) Erhofften? Was ändert Vergebung am Geschehen und für die Opfer, wirklich und wirksam - oder geht es nur um die Psyche des Täters? Und ist Reue eine Bedingung - aber würde sie die reine Vergebung dann nicht wieder aufheben? Ein Sturzbach an Fragen also, die so weit wie möglich in eine nachdenkliche Tiefe verfolgt werden.
Autorenportrait
Prof. em. Dr. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz (geb. 1945), em. Lehrstuhlinhaberin für Religionsphilosophie am Institut für Philosophie/TU Dresden, ist nach ihrer Emeritierung in Dresden Professorin an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Benedikt XVI. im Stift Heiligenkreuz/Wienerwald; sie gründete und leitet dort das Europäische Institut für Philosophie und Religion (EUPHRat). Mit diesem Buch legt sie eine Summe langjähriger Forschungen vor.