Beschreibung
Seit Jahrzehnten sind schlechte Arbeitsbedingungen in den Zuliefererketten der internationalen Wirtschaft bekannt. Privater Selbstregulierung wird in diesem Zusammenhang eine wesentliche Rolle bei der Sicherung von Sozialstandards zugeschrieben. Neben einer Vielzahl anderer Selbstregulierungssysteme sucht das angesehene Zertifizierungssystem Social Accountability 8000 diejenigen Regelungslücken in Entwicklungsländern zu füllen, aus denen schlechte Arbeitsbedingungen resultieren. Ungeachtet der empirischen Präsenz privater Selbstregulierung ist über ihre Funktionsweise, ihre Strukturmerkmale und die tatsächliche Effektivität jedoch wenig bekannt. In dieser Arbeit wird das Zertifizierungssystem aus institutionenökonomischer Perspektive untersucht. Die erfolgsrelevanten Strukturen privater Selbstregulierung werden systematisch analysiert, indem sie erstmals in ihrer prozessualen Dimension von der Normsetzung über die Durchsetzung bis zur Revision der Normen in den Blick genommen werden. Im Rückgriff auf akteurzentrierte Konzepte der Sozialwissenschaften, der Rechtssoziologie und der Sozialpsychologie werden zudem die Grenzen normativer Selbstbindung dargelegt, die sich vor dem Hintergrund des ökonomischen Eigeninteresses sowie soziokultureller Kontextfaktoren abzeichnen. Diese theoretischen Zusammenhänge werden im Rahmen einer multimethodisch angelegten Fallstudie des Zertifizierungssystems Social Accountability 8000 überprüft. Dabei zeigt der empirische Befund, dass private Selbstregulierung allein die schlechten Arbeitsbedingungen in Entwicklungsländern nicht beseitigen kann.