Beschreibung
Den Sommer 1841 verbrachte Franz Liszt mit seiner Lebensgefährtin Marie Gräfin dAgoult auf der kleinen, südlich von Bonn gelegenen Rheininsel Nonnenwerth. Hier komponierte Liszt eines seiner schönsten Stücke, Die Zelle in Nonnenwerth, und träumte von einer leichten hellen Sommermusik ohne Anfang und Ende, aus dem Nichts kommend und ins Nichts wieder verwehend. Marie dAgoult, die unter Pseudonym Zeitungsartikel veröffentlichte und Schriftstellerin werden wollte, sollte seine Sommermusik mit einer Prosasuite begleiten: 'Schau dir die Schatten an, die die Bäume in diesem Sommer auf die Insel werfen', sagte Liszt. 'Beschreib die Schatten dieses Sommers. Das Beste wäre natürlich, wenn deine schwarzen Sätze auf dem weißen Papier die Schatten nicht nur beschreiben, sondern die Schatten selber sind. Unbegreiflich und unerklärbar.' 170 Jahre später schreibt Christian Linder dieses (von Marie dAgoult damals nicht verfasste) Capriccio, rekonstruiert in einer literarischen Fiktion Liszts und Marie dAgoults Arbeitsurlaub und zeigt das Seelenmaterial, das die beiden verband und schließlich trennte.
Autorenportrait
Christian Linder, 1949 in Lüdenscheid geboren, studierte in Bonn Philosophie und Literaturwissenschaft. Seit 1974 Autor des Deutschlandfunks, arbeitete er von Köln aus auch für das Feuilleton der 'Süddeutschen Zeitung', schrieb Reisereportagen für die 'Frankfurter Allgemeine Zeitung' und Hörspiele für den WDR. Linder verstarb 2024.