Beschreibung
Was jeden Angehörigen meiner Generation verblüfft, ist die totale Enterotisierung dieser Beziehung. Die Universität ist nicht mehr Haß- und Liebesobjekt, so wie zuletzt noch für die Generation der Studentenbewegung der 60er Jahre, die ihr unter heftigem Rütteln und Schütteln eine Liebeserklärung machte, die sie als Institution nicht verstand, und sie wird auch nicht mehr mit der Bitterkeit der Unverstandenen verteidigt. Es gibt keine Universitätsutopien mehr. Beim Wiederlesen bemerke ich, daß sich diese Nachkriegserinnerungen an einen Adressaten richten, der ihnen mittlerweile zu entschwinden droht - die Freie Universität Berlin, die in diesem Jahr ihren 50. Geburtstag feiert. Realistisch ist, zu fragen: Wer war ihr Adressat? - Utopisch jedenfalls waren die Erwartungen, die wir 1948 an unsere Neugründung gerichtet haben: der Gesellschaft ein Bewußtsein ihrer selbst zu geben - nicht weniger als dies schwebte uns vor. Inhaltsverzeichnis: Vorwort I Erinnerungen an das Problem einer freien Universität (1967) II Widerspruch und Verantwortung in der Hochschule (1970) III Erinnerung an die Fliegen (1985) IV Zur Geistlosigkeit der Universität heute (1987) Anhang: Die Freie Universität / die steht jetzt fast fünf Jahre (1953)
Autorenportrait
Geboren 1927 in Berlin wurde er im Alter von 15 Jahren als Luftwaffenhelfer eingezogen. 1943 überlebte er ein Verfahren wegen Wehrkraftzersetzung und Defätismus. Ab dem Wintersemester 1945/46 studierte er an der unter sowjetischer Militäradministration stehenden Friedrich-Wilhelms-Universität Unter den Linden (ab 1948 Humboldt-Universität) Jura und Philosophie, Psychologie und Theologie, Kunst- und Literaturgeschichte. Dort wurde er nach einem improvisierten Vortrag zur Verteidigung Sartres gegen stalinistische Kritik denunziert, was ihn dazu veranlasste, 1948 im Westteil der Stadt als Student an der Gründung der Freien Universität mitzuwirken. Auf die Promotion in Philosophie 1952 folgte auf verschlungenen und hindernisreichen Wegen erst im Jahre 1964 die Habilitation mit dem Versuch über die Schwierigkeit nein zu sagen. 1968 wurde Klaus Heinrich Direktor des Religionswissenschaftlichen Instituts, 1971 ordentlicher Professor für Religionswissenschaften auf religionsphilosophischer Grundlage. Nach seiner Emeritierung im Jahre 1995 wurde er 1998 Ehrenmitglied der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung (DPV). Im Jahre 2002 erhielt er den Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.