Beschreibung
Das Miteinanderleben verschiedener ethnischer Gruppen führt stets neben aller Bewahrung der nationalen Eigenart auch zu einem ständigen kulturellen Austausch. Das ist das Thema dieses Buches: die geschichtliche Lebenswelt der Donauschwaben, Siebenbürger Sachsen und ihrer Nachbarn in Ungarn, Jugoslawien und Rumänien. Traditionelles und gegenwärtiges Verhalten der verschiedenen Ethnien, ihre Kultur, ihre Wertvorstellungen, Normen und Konflikte bewegten und bewegen sich innerhalb eines Struktursystems, das jeweils historisch, ökonomisch und gesellschaftlich bestimmt war und niemals nur eine Gruppe isoliert betraf. Das ist von wissenschaftlicher Seite nicht immer objektiv dargestellt worden, und so setzt die Kritik des Buches ein bei der Verwendung des Begriffs 'Sprachinsel', der für eine weithin verzerrende Betrachtungsweise interethnischer Zusammenhänge charakteristisch geworden ist: deutsche Minderheiten in Ost- und Südosteuropa wurden primär unter dem Gesichtspunkt ihrer sprachlichen Zugehörigkeit zum 'Reich' gesehen und nur selten als Gruppen mit sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen zu ihren anderssprachigen Nachbarn erkannt. Das waren Ideologisierungen, die sich in der Folge als nationale Vorurteile mit allen ihren Konsequenzen verheerend ausgewirkt haben. Der Band stützt sich auf wissenschaftliche Einzeluntersuchungen und authentische Berichte, er bietet Materialien für die kritische Analyse dieser Prozesse. Im zweiten Teil werden positive Modelle interethnischer Forschung vorgestellt, die die Eingliederung der Vertriebenen in die Bundesrepublik Deutschland betreffen und die nachbarliche Kommunikation der deutschen Volksgruppen mit ihrer südosteuropäischen Umwelt.
Autorenportrait
Informationen zu Ingeborg Weber-Kellermann auf suhrkamp.de