Beschreibung
Wie war der Holocaust möglich? Was ließ ganz normale Männer zu Massenmördern werden? Die historische Analyse demokratischen Zerfalls in Deutschland und in anderen europäischen Ländern kann Ausgangspunkt für die Erkenntnis ebensolcher Gefährdungen in heutigen Gesellschaften sein. Die Debatte um Täterschaft wurde vor einer Generation mit Christopher Brownings Buch Ordinary Men wirkmächtig. Deutungskämpfe auch um Kategorien wie Kollaboration, Raum und Geschlecht waren indes kein rein deutsches Thema und sind in west-, mittel- und osteuropäischen Staaten, aber auch in anderen Teilen der Welt aktueller und umkämpfter als je zuvor. Denn Brownings Impuls war nicht nur auf die historische Forschung fokussiert, sondern auch auf gesellschaftliche Debatten um Verantwortung und ethische Konsequenzen für die nachfolgenden Generationen. Die Beiträge behandeln neue Ansätze zur Holocaustforschung und zu polizeilicher Täterschaft im Nationalsozialismus, ihre aktuellen gesellschaftspolitischen Lesarten und umkämpfte Bewusstseinsbildungen in multiethnischen Gesellschaften heute.
Autorenportrait
Thomas Köhler ist stellvertretender Leiter des Geschichtsorts Villa ten Hompel Münster und assoziierter wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Seine Forschungs-, Bildungs- und Ausstellungsschwerpunkte liegen in der Geschichte des Nationalsozialismus und des Holocaust, der Polizeigeschichte im 20. Jahrhundert und der Erinnerungskultur nach 1945. Jürgen Matthäus ist Direktor der Forschungsabteilung am Jack, Joseph and Morton Mandel Center for Advanced Holocaust Studies des United States Holocaust Memorial Museum Washington, D.C. Er arbeitet dort zur NS-Geschichte, insbesondere zu den Themen Täterforschung und den deutsch-jüdischen Reaktionen auf die Verfolgung. Thomas Pegelow Kaplan ist Professor und Inhaber des Louis P. Singer Stiftungslehrstuhls für jüdische Geschichte an der University of Colorado Boulder. Seine Forschungs- und Lehrgebiete sind Holocaust- und Völkermordstudien, Neuere Deutsche und Neuere Jüdische Geschichte, globale transatlantische Protestbewegungen im 20. Jahrhundert sowie Geschichte und Theorie. Peter Römer ist pädagogisch-wissenschaftlicher Mitarbeiter am Geschichtsort Villa ten Hompel Münster und stellvertretender Antisemitismusbeauftragter der Stadt Münster. Er ist für die Bereiche Erwachsenenbildung und Gedenkstättenfahrten am Geschichtsort zuständig und leitete die durch die Stiftung EVZ geförderten Projekte Den Tätern auf der Spur und Das geht mich ja was an! Geschichte und Gegenwart nationalsozialistischer Verbrechen im Alltagshandeln von Polizei und Justiz.