Konfession und Konflikt
Religiöse Pluralisierung in Sachsen im 18. und 19. Jahrhundert
Rosseaux, Ulrich / Poppe, /
Erschienen am
01.02.2012
Beschreibung
InhaltsangabeDie Konversion des Kurfürsten Friedrich Augusts I. - besser bekannt als August der Starke - zum Katholizismus 1697 war der Auftakt für einen langfristigen religiösen Pluralisierungsprozess in Sachsen. Im Laufe des 18. Jahrhunderts entstand eine vor allem in den beiden städtischen Zentren Dresden und Leipzig wahrnehmbare katholische Minderheit. Sachsen wurde somit zum Schauplatz eines in dieser Form einzigartigen gesellschaftlichen Experiments: Eine seit der Reformationszeit - und das hieß: seit mehr als 150 Jahren lutherisch durchkonfessionalisierte, religiös homogene Bevölkerung wurde mit der Wiederkehr des überwunden geglaubten konfessionellen Widerparts konfrontiert. Dies verursachte zahlreiche Probleme: Der rechtliche Status der Katholiken in Sachsen blieb lange heftig umstritten, Konversionen zum Katholizismus bzw. die auf lutherischer Seite weit verbreitete Angst davor erregten die Gemüter. Hinzu kamen ungeklärte Fragen bei Eheschließungen, Taufen und Begräbnissen, die in eine Vielzahl von Alltagskonflikten mündeten. Die Beiträge behandeln die mit all diesen Problemen einher gehenden Fragen ebenso wie die kulturellen Aspekte der religiösen Pluralisierung in Sachsen im 18. und 19. Jahrhundert. Sie setzen dabei in dreierlei Hinsicht neue Akzente: Erstens wird ein in der sächsischen Landesgeschichte bislang vernachlässigtes Thema erstmals systematisch in den Blick genommen. Zweitens eröffnen die Beiträge darüber hinaus neue Perspektiven auf die Epoche als Ganzes: Gilt doch das 18. Jahrhundert als Zeit einer aufgeklärten Toleranz, in dem konfessionskulturelle Konflikte kaum noch eine Rolle spielten, und auch für das 19. Jahrhundert ist die gesellschaftliche Bedeutung des Religiösen in der Geschichtswissenschaft durchaus umstritten. Drittens schließlich bietet die Analyse der historischen Konflikte zwischen einer dominierenden Mehrheitsgesellschaft einerseits und einer durch konfessionskulturelle Andersartigkeit definierten Minderheit genügend Anknüpfungspunkte an soziale Auseinandersetzungen der Gegenwart. Insofern sind die in diesem Buch versammelten Studien nicht nur als genuin geschichtswissenschaftliche Untersuchungen zu verstehen, sondern auch als Beiträge zu einer historisch grundierten Analyse kulturell-religiöser Minderheitenkonflikte.