Beschreibung
Die säkularisierten westlichen Gesellschaften wurden auf dem Balkan, im Kaukasus sowie im Nahen und Mittleren Osten seit den 1990er Jahren abrupt mit totgeglaubten Phänomenen von Konfessions- und Religionskriegen konfrontiert. Auch in Europa war Kriegserfahrung von zahlreichen Akteuren und Akteursgruppen lange als religiöse Erfahrung gedeutet worden. Die Semantik und die Symbolsprache des Krieges blieben bis in die jüngste Zeit hinein intensiv mit religiösen Metaphern durchsetzt. Bis an die Schwelle der Moderne gab es im Spannungsfeld von Religion und Krieg in der christlichen Welt zwei Kategorien von kriegerischer Gewalt und damit zwei Typen von Religionskriegen: den konfessionellen Bürgerkrieg oder Staatenkrieg zwischen Anhängern unterschiedlicher christlicher Bekenntnisse und den genuinen Religionskrieg gegen Nichtchristen an den Außengrenzen der Christenheit. Selbst wenn die Formen der Kriegsführung sich oft an Grausamkeit, Brutalität und verheerender Gewalt nicht nachstanden, so waren die Kriegslegitimationen, die diplomatischen Wege aus dem Krieg, die Friedensschlüsse und das bei Kriegsbeendigung neu konstituierte Völkerrecht doch verschieden. Die Aufsätze des vorliegenden Sammelbandes versuchen, durch eine vergleichende Betrachtung zu einer Phänomenologie und Typologie der Beziehungen von Konfession und Krieg im Alten Reich und in Alteuropa zu gelangen. Zugrunde liegt eine Tagung, die der Sonderforschungsbereich 437 'Kriegserfahrungen - Krieg und Gesellschaft in der Neuzeit' an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen im Jahre 2004 durchführte.