Beschreibung
Ausgehend von historiografischen und modernen Seneca-Darstellungen, das heißt Seneca-Bildern, sowie Senecas Selbstbild zeigt die Arbeit, dass sich jedes Seneca-Bild mit der Übereinstimmung von Worten und Taten (ÜTW) befasst. Unklar ist jedoch stets, was die ÜTW meint. Die Untersuchung ergründet anhand von Senecas De Uita Beata und den Epistulae Morales sowie aus Perspektive der stoischen Philosophie, verstanden als ars uitae (Lebenskunst), dass sich die ÜTW aus kommunizierten sensus ergibt, die durch Worte und Taten impliziert werden. Die ÜTW sowie der Widerspruch von Worten und Taten (WWT) lassen sich anhand der stoischen Dialektik formal darstellen und für die heutige Forschung aufbereiten. Daraus lässt sich Senecas ÜTW-Konzept rekonstruieren, das verschiedene ÜTW-Arten (zeitlich begrenzt, partiell oder generell) beinhaltet. Seneca unterscheidet dabei, dass nur der Weise (sapiens) die generelle ÜTW und damit das glückliche Leben im Sinne der Stoa erlangen kann. Der Fortschreitende (proficiens), den Seneca hinsichtlich dreier Stufen der partiellen ÜTW differenziert, kann zwar kein glückliches (beata), aber zumindest ein erträgliches (tolerabilis) Leben erlangen. Personen der Menschenmasse (turba) sind nicht einmal dazu fähig und können höchstens eine zeitlich begrenzte ÜTW umsetzen. Eine kritische Würdigung des Konzeptes zeigt, dass die unterschiedlichen ÜTW-Arten prinzipiell im Sinne einer ars uitae realisiert werden können. Einzig der stoische Determinismus ist als starker Einwand gegen das Konzept zu verstehen, da er impliziert, dass Personen (entgegen dem Versprechen der Stoa) nicht frei darüber bestimmen können, ob sie eine jeweilige ÜTW-Art verwirklichen können oder nicht.