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bajtel

Erschienen am 01.12.2019, Auflage: 1. Auflage
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783963520464
Sprache: Deutsch
Umfang: 104
Einband: Gebunden

Beschreibung

denn ist es nicht der schönste winter, wenn alle ihre jacken öffnen, die handschuhe und mützen in den schnee, weil tief in ihnen flammen, wie eisen in den hütten, die wangen rot, die haare nass, die augen sternen gleich, mir heut entgegenleuchten, wo du an meiner hand, und wir gemeinsam uns zurück, versanken in dem tiefen schnee, in dem wir beide engel, hoch in den himmel schauten, als uns der winter sacht geküsst, wie ich das leben nur vermisst.

Autorenportrait

1975 geboren, emigriert Rafael Écrit als elfjähriger Junge mit seinen Eltern aus dem kommunistischen Polen in die Bundesrepublik, wo er bis heute lebt. Écrit vereint Gegensätze, die unvereinbar sind. Zur Welt kam er vis à vis des alten Sendemastes in Gleiwitz, Mahnmal des deutschen Überfalls auf Polen, mit dem der Zweite Weltkrieg begann. Seine Mutter ist eine Deutsche, aufgewachsen im ehemaligen deutschen, nach dem Krieg polnischen Teil Oberschlesiens. Sein Vater ist nur fünfzehn Kilometer entfernt, im polnischen Teil der Bergbauregion groß geworden, genannt Schwarzes Schlesien. Die Familiengeschichte ist so gespalten, wie die Geschichte des Landstrichs, in dem sie lebt, der mehrfach und immer wieder unter polnische, deutsche, österreichische und tschechische Herrschaft gerät, aber nicht danach strebt, einen eigenen Staat zu gründen. Für die Polen sind Oberschlesier Deutsche, für die Deutschen Polen. Écrit, der das geteilte Europa, der Ost und West, den Kommunismus und den Kapitalismus, der Polen und Deutschland, der die unterschiedlichen Auslegungen von Freiheit und Demokratie, von Meinungsäußerung und Zensur, von Kirche und Staat, von Glauben und Vernunft, von Gut und Böse, der als Kind eine Gesellschaft erlebt, in der Kinder selbstverständlich sind, sowie eine andere, in der es kaum Kinder mehr gibt, dem zwei Nationalitäten zuerkannt worden sind, von denen keine ihm eine Heimat werden sollte, der aus beiden vergifteten Brunnen trinken musste, besinnt sich auf jenes Vaterland, das keine Weltkarte zeigt: nicht groß, hineingewachsen in die Vergangenheit, das Herz wärmend, nah wie der eigene Leib. Es sind die Gegensätze, Spuren derer, die um das Schwarzer Schlesien ob seiner Bodenschätze stritten, die der Autor in sich trägt, und die seine lyrische Arbeit bestimmen. Die Verbannung versteht Écrit heute als Bestimmung, festzuhalten, um nicht zu vergessen, woher er, wie viele andere, herkommt, welche Farben und Formen ihn in der Kindheit umgaben, welchen Menschenschlag - das offene Gesicht und die geraden Augen - das Land hervorbrachte, von der Seele einer Bergbauregion zu erzählen, da im Unmenschlichen untertage das Menschliche zu Tage trat, in der heute die Bänder stillgelegt, die Strecken verfüllt und die Fördertürme abgerissen werden. So ist es kein Zufall, dass der Autor den vorliegenden Gedichtband bajtel, zu Deutsch Knirps, als die Nekropole der Kindheit beschreibt. Rafael Écrit veröffentlichte bisher vier Gedichtbände im MEDU Verlag: Coq au Vin, Mein einziger Wunsch ist, Totus tuus und Schwarzes Herz.