Beschreibung
Eines vereint Konservative wie Otto von Bismarck und Sozialisten wie Karl Marx, Ferdinand Lassalle und Wilhelm Liebknecht, Nationalsozialisten wie Ernst Kaltenbrunner und Widerstandskämpfer wie Rudolf Breitscheid und FritzDietlof Graf von der Schulenburg: Sie alle gehörten Corps und Burschenschaften an. Die Geschichte der Corps und Burschenschaften wies wie der römische Gott Janus zwei Gesichter auf - ein progressives und ein reaktionäres. Aus den Rebellen des Vormärz Mitte des 19. Jahrhunderts sind die Untertanen des Kaiserreiches geworden. Viele Corpsstudenten und Burschenschafter haben die Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur begünstigt, einige wenige haben sie aber auch bekämpft. Der heutigen Marginalisierung aller Verbindungen steht die Radikalisierung einiger rechter Burschenschaften gegenüber. Sehr unterschiedlich bewertet werden Habitus und Kultur der Corpsstudenten und Burschenschafter. Früher bewundert, heute aber scharf kritisiert wird, dass sie ihre Männlichkeit durch die Austragung von Duellen und Mensuren, das exzessive Saufen und eine besondere Kleidung und Sprache unter Beweis stellen. Tatsächlich gehörten den Corps und Burschenschaften ausschließlich Männer an. Sie kamen aus völlig unterschiedlichen politischen Lagern. In alldem repräsentierten die Corps und Burschenschaften die positiven und negativen Aspekte der neueren deutschen Geschichte. Wir Deutsche haben eben, um ein Wort des früheren Bundespräsidenten Gustav Heinemann zu zitieren, 'ein schwieriges Vaterland'. Geschrieben ist das vorliegende Buch von einem nach seinem Selbstverständnis kritischen Fachhistoriker und überzeugten Corpsstudenten. 'Männer, Mythen und Mensuren' ist weder als eine Anklage- noch als eine Verteidigungsschrift konzipiert. Das gründlich recherchierte und gleichzeitig gut lesbare Buch wendet sich an alle historisch Interessierten, die mehr über die Geschichte der Corps und Burschenschaften in Deutschland und seinen Nachbarländern erfahren möchten.
Autorenportrait
Wolfgang Wippermann, geboren 1945, ist Professor für Neuere Geschichte an der FU Berlin. Er nahm Gastprofessuren in Innsbruck, Peking, Bloomington, Minneapolis und Durham wahr. 2010 sorgte der Autor zahlreicher Bücher mit Skandal im Jagdschloss Grunewald für Aufse¬hen. Der ebenso streitbare wie gefragte Historiker, der in Berlin lebt, schreibt nicht nur über Geschichte, er beteiligt sich auch an ihrer kontroversen Darstellung und Bewertung.