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Das Schweigen der Seele - Das Sprechen des Körpers

Psychoanalytische Zugänge zum Körper und dessen Leiden, Bibliothek der Psychoana

Erschienen am 01.05.2007, Auflage: 1. Auflage
CHF 35,60
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783898065757
Sprache: Deutsch
Umfang: 236

Beschreibung

Einleitung Unter Psychoanalytikern wird seit längerem über die 'neuen Pathologien' debattiert, die ihre Patienten in die psychoanalytische Praxis tragen. In meinem Umkreis dreht sich diese Debatte besonders um neue Störungsbilder bei Kindern und Jugendlichen. Immer mehr häufen sich Problematiken, die mit allen möglichen Formen von 'Sucht' zu tun haben, mit Bulimie, Identitätsstörungen, Lern- und Verhaltensproblemen in der Schule, kompulsive delinquente Neigungen und - nicht zu vergessen - quantitativ und qualitativ sich vervielfältigende psychosomatische Bilder. Demgegenüber verlieren die klassischen Bilder der Neurose - nach Freud die Zwangsneurosen und hysterische Neurosen - an Terrain, und wo sie auftreten, ist ihr 'klassisches' Profil oft abgeschwächt und abgewandelt. Hinzukommt, daß mit der Etablierung und Konsolidierung der psychoanalytischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen der Aktionsradius der Psychoanalyse sich auf Pathologien ausgeweitet hat, für die sich weder Freud noch seine Schüler gewappnet sahen: die schweren Primärstörungen narzißtischen und autistischen Typs. Schließlich hat sich, im Zuge der Ausbreitung der Psychoanalyse auch in psychiatrischen Kliniken, ihr Aktionsradius auch bezüglich erwachsener Patienten erweitert. Immer mehr Ärzte bringen ihr psychoanalytisches Instrumentarium psychotischen Bildern gegenüber 'in Anschlag' und immer mehr psychotische Patienten suchen Hilfe bei Psychoanalytikern außerhalb der psychiatrischen Institutionen, sei es von vornherein oder sei es im Zuge der 'Nachbetreuung'. Kurz gesagt, ist das klassische Anwendungsgebiet der an der Neurose entlang entwickelten psychoanalytischen Technik 'geschrumpft', und umgekehrt hat sich ein immer weiteres Feld psychoanalytischer Praxis aufgetan, an das bei der Ausarbeitung der theoretischen und technischen Grundlagen der Psychoanalyse vor 100 Jahren kaum zu denken war. Daß die so beschriebene aktuelle Situation für die Psychoanalyse eine Herausforderung darstellt, wird kaum jemand bestreiten. Aber wie hat die Psychoanalyse auf diese Herausforderung bisher reagiert? Auf der einen Seite sticht ein Wildwuchs psychoanalytischer Schulen ins Auge, die im Unterschied zu den frühen Abspaltungen wie von Jung und Adler nicht mehr revidierte Antworten auf die gleichen Fragen geben wollen, sondern die um spezielle Themen und psychoanalytische Techniken herum entstanden sind: etwa die Objektbeziehungen (M. Klein, R. Spitz, Kernberg), den Narzißmus (Balint, Kohut), die frühkindlichen Psychosen oder Borderline-Phänomene (M. Mahler, Khan) sowie Ichstörungen aller Art (H. Hartmann, Erikson, Kris, Rapaport), die in der Ego-Psychologie eine andauernde und aus den USA gespeiste 'Hochkonjunktur' feiern. Auf der anderen Seite hat sich eine Art Arbeitsteilung zwischen Medizin und Psychoanalyse entwickelt, nicht selten in der Person ein und desselben Arztes, die weniger auf einer Einsicht in das Verhältnis zwischen Körperlichem und Seelischem gründet, und mehr auf einem Pragmatismus, zusätzlich gefördert durch die Kostenabrechnungskriterien unserer Gesundheitssysteme. Dieser Pragmatismus hat zur Folge, daß das gleiche Störungsbild beim gleichen Patienten zugleich mit biochemisch begründeten Psychopharmaka und mit psychodynamisch begründeten psychoanalytischen Interventionen behandelt wird, ohne nach den Wechselwirkungen oder der therapeutischen Kompatibilität oder gar der epistemologischen Darstellbarkeit dieses 'Mixes' zu fragen. Über diesem Durcheinander lastet seit einiger Zeit noch zusätzlich ein immer aggressiverer humangenetischer Diskurs, dem die Psychoanalyse nichts Substantielles entgegensetzt, den sie vielmehr anscheinend mit der Haltung über sich ergehen läßt, daß ihre Tage ohnehin gezählt sind, wenn erst einmal für jede psychische Störung das zugehörige verantwortliche Gen gefunden worden ist (sieht man einmal von einem 'harten Kern' potentieller Klienten ab, die aus Gründen des life-style und privat finanziert der Psychoanalyse die Treue halt

Autorenportrait

Eckart Leiser, Prof. Dr., ist Privatdozent an der Freien Universität Berlin. Arbeitsschwerpunkte sind die epistemologischen Grundlagen der Psychologie, strukturale Anthropologie und Psychoanalyse. Er betreibt eine psychotherapeutische Praxis für Kinder, Jugendliche und Erwachsene in Zaragoza (Spanien).