Beschreibung
Unerwartet brachen nach dem Sturz Mubaraks 2011 Organisationen und Parteien der als demokratiefeindlich und weltabgewandt bekannten Salafisten mit Wucht in die sich neu formende Arena der ägyptischen Politik. Mit großer Kreativität und Dynamik eigneten sich die Graswurzelnetzwerke der Salafiyya politisches und revolutionäres Denken an und brachten in kurzer Zeit eine vergleichsweise professionell agierende parlamentarische Elite hervor. In seiner Analyse des politischen Verhaltens der Salafiyya in der Zeit zwischen Mubaraks Sturz und Sisis Putsch 2013 plädiert Wolfgang B. Schäfer für eine Annäherung an den Salafismus als mehr soziales denn theologisches Phänomen. Mithilfe des mechanism-and-process approach aus der social movement theory zeichnet er eine dynamische, aus vielen Einzelsträngen bestehende Entwicklung der Salafiyya nach, die als soziale Bewegung im engeren Sinne aus islamistischen Studentengruppen in Sadats Ägypten der 1960er Jahre hervorgeht. Eine Öffnung der politischen Opportunitätsstrukturen gibt den Salafisten 2011 neue Möglichkeiten der Einflussnahme, von der verschiedene Unterströmungen in jeweils eigener Weise Gebrauch machen. Durch strategische Experimente, Brüche mit alten Tabus und eine große Menge hochmotivierter Anhänger wirken die Salafisten auf die politische Arena ein, mehr aber noch verändern sie sich unter starken inneren Konflikten dabei selbst.
Autorenportrait
Wolfgang Bernhard Schäfer ist assoziierter Mitarbeiter am Erlanger Zentrum für Islam und Recht in Europa (EZIRE) mit Forschungsschwerpunkt Salafismus. Er erwarb 2012 einen Bachelor in Orientalistik und Politikwissenschaft und 2015 einen Master in Nahoststudien an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU). Für Sprachreisen hielt er sich 2010 in Syrien und 2013 in Kairo auf. Von 2008-2015 arbeitete er als wissenschaftliche Hilfskraft der Abteilung Medien des Sprachenzentrums der FAU.