Beschreibung
Lässt sich der Mensch vielleicht nicht nur als Homo politicus oder Homo oeconomicus, sondern auch weniger schmeichelhaft als Homo sanitarius charakterisieren? Und ob diese Definition nicht die anderen subsumieren, die aus ihnen resultierenden Handlungen erklären könnte? Wie die Tiere macht der Mensch sauber. Als Homo sanitarius bleibt er Teil der Natur. Jedoch macht er nicht nur seine natürliche Umgebung sauber, sondern organisiert seine soziale Umwelt, zieht Grenzen zwischen sich und den Mitmenschen, dem Inneren und dem Äußeren. Diese menschlichen Besonderheiten sind, was der Autor den "sanitären Diskurs" nennt und als eine Wechselbeziehung zwischen der Psychologie des Einzelnen und der Soziologie der zwischenmenschlichen Ordnung analysiert. Diese Wechselbeziehung dreht sich um das Verhältnis zum verworfenen Objekt, einem gleichzeitig inneren und äußeren Objekt, das man ausgrenzen muss, um sein Inneres einzugrenzen, um es ordentlich und sauber zu machen. Allerdings geht es auch um verleugneten Selbsthass, um einen inneren Wirrwarr und eine sadomasochistische Position zu den Mitmenschen wie auch zu sich selbst. Benyaminis kulturkritische Forschungen knüpfen an die psychoanalytischen Ansätze von Sigmund Freud und Jacques Lacan an. In dieser Studie untersucht der Autor die Spannung zwischen der persönlichen Pathologie und dem soziohistorischen Diskurs, indem er den wohl extremsten Fall analysiert, in dem der sanitäre Diskurs Mensch wurde: Adolf Hitler. Dabei geht es nicht um die bekannten Details seiner Biographie, sondern um seine eigene Wahrnehmung, seine eigene fantastische Konstruktion einer eigenen Geschichte, wie Hitler sie in den autobiographischen Kapiteln von 'Mein Kampf' beschreibt. Besonderes Augenmerk schenkt der Autor dem Verhältnis des jungen Adolf zu seiner Mutter sowie zu seinem früh verstorbenen Vater, einem Verhältnis, das sich deutlich in Hitlers jeweils hasserfüllter oder liebevoller Beziehung zu den beiden deutschen Staatsgebilden manifestiert: der Habsburgermonarchie und dem Deutschen Reich. Was hat in alledem das seinerzeitige Gerücht zu bedeuten, dass der Großvater väterlicherseits jüdischer Herkunft gewesen sei? Welche Auswirkungen mag dies auf seinen Drang zur Selbstsäuberung gehabt haben? Diesen Fragen geht der Autor nach, während er den Fall Hitler nicht nur an sich betrachtet, sondern im soziohistorischen Kontext jener Generation nach dem Ersten Weltkrieg verortet, einer Generation, die ebenso wie der junge Adolf vom verhassten, äußerlich-inneren Objekt besessen war. Schließlich macht der Autor deutlich, wie sehr diese subjektive Position auch für unsere Gegenwart gilt, indem er seine Erkenntnisse auf eine gleichzeitig fiktive und wahre Figur anwendet, die für den westlichen Zeitgeist in den letzten Jahrzehnten steht: Vor dem Hintergrund Hitlers betrachtet Benyamini auch die Pathologie von Travis Bickle, dem Protagonisten in Martin Scorseses Film "Taxi Driver" (1976). My (sanitary) Struggle A Psychoanalytic Reading of Adolf Hitler's 'Mein Kampf' Is it possible to define man not just as "homo politicus" or "homo economicus", but also under the less flattering designation of "homo sanitarius"? Could this definition serve as an umbrella for the other definitions, and explain their respective strategies? On the one hand it is a definition that does not disconnect the human from his creatureliness (animals also endeavor to clean their surroundings and ward off threats), while on the other hand it also captures the way humanity organizes its social environment beyond the natural, the boundaries between the community and that which is external to it, as well those between the individual and his neighbor. These ways of organizing the environment and others amount to what can be called the "sanitary discourse", the discourse where the reciprocal relations between individual psychology and the sociological aspects of communal order find a home. These relations revolve around the objected object tha
Autorenportrait
Der Autor Dr. Itzhak Benyamini lehrt an der Universität Haifa sowie an der Bezalel Academy of Arts and Design in Jerusalem. Daneben ist er Verlagsleiter des Resling-Verlages und Autor folgender Bücher: Was will der Mann? (2003, Hebräisch), Paulus und die Geburt der Gemeinschaft der Söhne (2007, Hebräisch), Lacans Diskurs - eine Revision der Psychoanalyse und der jüdisch-christlichen Ethik (2009, Hebräisch), Abrahams Gelächter - eine Interpretation von Genesis im Sinne einer kritischen Theologie (2001, Hebräisch), Narcissist Universalism - a Psychoanalytic Reading of Paul's Epistles (The Library of New Testament Studies, T&T Clark, 2012), Narzisstischer Universalismus - eine psychoanalytische Untersuchung der Paulusbriefe mit Freud und Lacan (2013, Merve Verlag, Berlin). *** Dr. Itzhak Benyamini teaches at Haifa University and at Bezalel Academy of Arts and Design in Jerusalem. He is the editor of Resling publishing house. To date, he has authored the following books in Hebrew: What Does Man Want? - Eight Psycho-Theological Essays (2003), Paul and the Birth of the Community of Sons (2007), Lacan's Discourse - The Revision of Psychoanalysis and Judeo-Christian Ethics (2009) and The Laughter of Abraham: Interpretation of Genesis as Critical Theology (2011); and in English: Narcissist Universalism: A Psychoanalytic Reading of Paul's Epistles (The Library of New Testament Studies, T&T Clark, 2012; in German: 2013, Merve Verlag, Berlin).