Beschreibung
Seit zwei Jahrhunderten wird in der Literaturwissenschaft auf eine berühmte Anekdote Bezug genommen, wonach der französische Mathematiker G.P. Roberval nach einer Aufführung von Racines Iphigenie ausgerufen haben soll: "Aber was beweist das?" Auf den ersten Blick scheint diese Geschichte paradigmatisch für die Kluft zwischen der Mathematik und der Dichtung, eine Kluft, die sich nicht zuletzt um Fragen der Geltung, der Legitimation und der Erkenntnisart beider aufgetan hat. Zudem scheint sie den Mangel an Kommunikation hervorzuheben, der 1959 C. P. Snow dazu veranlasste, von dem Vorhandensein zweier Kulturen zu sprechen, die im modernen Bewusstsein nebeneinander existieren. Dale Adams analysiert das theoretische und literarische Werk drei der bedeutendsten deutschsprachigen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts, die in ihrer polyhistorischen Bildung eine Art Vermittlerposition zwischen den Kulturen darstellten und verschiedene Möglichkeiten erörterten, mathematische Erkenntnis für den dichterischen Erkenntnisprozess fruchtbar zu machen. Die Studie zeigt, dass sowohl Literatur als auch Mathematik Sphären menschlicher Denkleistung repräsentieren, die sich darin berühren können, dass in beiden Bedingungen und Grenzen der Erkenntnisfähigkeit des menschlichen Geistes erforscht werden.