Beschreibung
Rainer Maria Rilke und Franz Kafka blieben von den Schrecken des Ersten Weltkriegs nahezu unberührt, und doch spiegelte ihr individuelles Schicksal die Tragik des beginnenden 20. Jahrhunderts in Form einer tödlich verlaufenden Krankheit. Während ihre Hoffnung auf körperliche Genesung zunehmend schwand, wurde die Krankheitserfahrung von beiden als existenzielle Aufforderung begriffen, bei weitgehender Ablehnung medizinisch-therapeutischer Hilfsmittel innere Heilungs- und Verwandlungskräfte zu aktivieren. In seinen biographischen Betrachtungen verbindet Peter Selg den jeweiligen Lebensweg und den individuellen Krankheitsverlauf - von Kafka als 'Sichtbarwerden der verborgenen Wunden' erlebt - zu einem Wesensbild beider Künstler, das überraschende Züge und unbekannte Schattierungen hervortreten lässt. Selbsterfahrungen und -zeugnisse von Rilke und Kafka an entscheidenden Wendepunkten ihres Lebens dokumentieren den Umgang mit biografischen Hindernissen, Krisen und Gefahren, der auf jeweils eigene Weise die geistigen Konturen ihrer Persönlichkeit schärfte und in ihrem Werk einen schöpferischen Ausdruck fand.