Beschreibung
Langzeitarbeitslosigkeit - Massenschicksal für ca. eine Million Deutsche. Die systembedingte Krisenlage soll von ihnen individuell gemeistert werden. Hilfe bleibt aus, gesellschaftliche Ursachen werden in persönliche umgedeutet. Maßnahmen beschränken sich darauf, die Systemverlierer in ihrer Fähigkeit zu trainieren, sich besser auf dem Arbeitsmarkt verkaufen zu können. Aber nur wenige können dadurch ihre Attraktivität für den Arbeitsmarkt steigern, der Großteil bleibt dauerhaft arbeitslos. Die Frage, welche Auswirkungen Langzeitarbeitslosigkeit auf das Selbstwertgefühl von Betroffenen hat, bleibt ausgeblendet. Psychosoziale Unterstützung wird bestenfalls in Selbsthilfegruppen oder Nischenangeboten Sozialer Träger angeboten - weit unter dem Bedarf. Dieses Buch richtet sich an alle, die mit Langzeitarbeitslosen das Biografische und Kreative Schreiben als Unterstützungsangebot nutzen wollen. Zunächst wird das Phänomen Arbeitslosigkeit in seinen Dimensionen und psychischen Wirkungen dargestellt. Ausgehend davon wird ein auf Bedürfnisse und Fähigkeiten der Zielgruppe zugeschnittenes Konzept entwickelt. Die Wiederentdeckung eigener Erfolgsstrategien und die Stärkung des verlorenen Selbstwertgefühls stehen dabei im Mittelpunkt; es soll ein emanzipatorischer Prozess bei den Teilnehmenden angestoßen werden. Der zweite Teil dokumentiert ein Pilotprojekt, das auf Grundlage des erarbeiteten Konzepts umgesetzt wurde. Konzeptannahmen und didaktische Einheiten werden auf Plausibilität und Wirksamkeit geprüft. Für die Schreibpädagogik wird hier ein neues Arbeitsfeld erschlossen, interessierten Schreibpädagogen, Quereinsteigern in die Schreibgruppenleitungstätigkeit, Sozialpädagogen und anderen in der Erwachsenenbildung Tätigen eine Orientierungsmöglichkeit für eigene Angebote gegeben. Dieses Buch kann als Leitfaden dienen. Geografische Besonderheiten, spezielle Lebenslagen potenzieller Teilnehmender und fachliche Voraussetzungen von Schreibgruppenleitungen sind jedoch als Variablen jeweils zu berücksichtigen.
Autorenportrait
Hans-Jürgen Fischer, Jahrgang 1949, wächst als Staatenloser in Hannover auf. Erst mit 17 Jahren erhält er die deutsche Staatsangehörigkeit. Nach hartnäckiger Schulverweigerung verlässt er 1965 ohne Abschluss die Volksschule. Er bricht zwei Handwerkslehren ab, wird dann Seemann, Fabrikarbeiter, Soldat und LKW-Fahrer. Mit 24 Jahren holt er den ersten Schulabschluss in Abendkursen nach. Es folgen eine Tischlerlehre und weitere Abschlüsse, die ihm schließlich ein Studium ermöglichen. Vor dem Hintergrund dieser Biografie und seiner Empathiefähigkeit für benachteiligte junge Menschen wird er Sozialpädagoge. Bis zum Eintritt in den Ruhestand arbeitet er 30 Jahre lang im Jugendamt Hannover - zunächst als Jugendpfleger, später als Jugendgerichtshelfer, als Leiter eines Ferienlagers und als Koordinator für Kinder- und Jugendarbeit. Hannover ist bis heute sein Lebensmittelpunkt. Erst mit 45 Jahren entdeckt er für sich das biografische und kreative Schreiben als Chance, sein Leben aufzuarbeiten und einer Neubewertung zuzuführen. Es entstehen zahlreiche Texte, stets mit biografischem Hintergrund und politischem Anspruch. Nach Eintritt in den Ruhestand absolviert er ein Studium zum Schreibpädagogen, das er 2014 mit dem "Master of Arts" abschließt. Seitdem leitet er Gruppen im Schreiben an, vornehmlich mit politischem Bildungsanspruch. Nach seinem Erstroman "Sandros Strafe" (ISBN: 978-3-924944-98-8), der Amokläufe an Schulen thematisiert, erschienen "Auf den zweiten Blick - Ein unbequemes Lesebuch"(ISBN: 9783738650662) sowie "Schreiben gegen das Abgeschriebensein" (ISBN: 9783839162262), ein Fachbuch für die Schreibgruppenarbeit mit Langzeitarbeitslosen.