Beschreibung
Als Begriff bzw. Problem der Philosophie scheint Grausamkeit so etwas wie ein weißer Rabe zu sein. Denn anders als bei den meisten Begriffen und Problemen sind sich Philosoph:innen von der Antike bis in die Moderne überraschend einig, was unter Grausamkeit zu verstehen und wie es zu bewerten ist. Grausamkeit ist exzessives Leidenlassen und als solches in höchstem Maße verwerflich. Diese Einigkeit findet sich nicht nur bei einigen Beispielen für Grausamkeit - Folter, Tierquälerei, Demütigungen - wieder. Auch das Feld alternativer, zumeist stark pejorativer Bezeichnungen ändert sich nur geringfügig. Seit der Antike wird es dominiert von Redewendungen, die Grausamkeit als unmenschlich, meist als bestialisch oder verroht bezeichnen. Damit wird auch deutlich: Zumindest auf den ersten Blick scheint die Philosophie sich in einem ungewöhnlichen Einklang mit unseren Alltagsüberzeugungen zu befinden. Dennoch oder besser: gerade deshalb lohnt sich ein Blick in die verschiedenen philosophischen Einordnungen, Diskussionen, Überlegungen und Analysen der Grausamkeit. Denn hinter der oberflächlichen Einigkeit verbergen sich sehr unterschiedliche philosophische Perspektiven. Vor allem aber entdeckt man so auch abweichende moralische und ethische Bewertungen. Aus diesem Grund versammelt diese Anthologie die wichtigsten philosophischen Texte zum Problem der Grausamkeit von Aristoteles bis Nietzsche (in Auszügen). Ergänzt werden diese Texte um einen Überblicksartikel, der die unterschiedlichen Diskurse des 20. Jahrhunderts systematisch ordnet und zusammenfasst. Interessierte können sich so einen ersten Überblick über die verschiedenen Positionen und Thesen verschaffen. Zugleich kann diese Anthologie auch als Grundlage für die schulische und universitäre Lehre genutzt werden.
Autorenportrait
Dietrich Schotte lehrt und forscht an der Universität Regensburg zu Fragen der Philosophiegeschichte der Frühen Neuzeit und Aufklärung sowie zu Problemen der praktischen Philosophie, vor allem der politischen und Moralphilosophie.