Beschreibung
Die Kirche weiß sich als die geschichtliche Verwirklichung des Heilsmysteriums Gottes. Solange sie noch nicht Staatskirche war, zählte sie alle vom Gottesgeist getragenen Ortsgemeinden als zu sich gehörig und verlangte für die Einheit keine besonderen empirischen Kriterien. Als sie Staatskirche geworden war, verlangte sie auch empirisch sichtbare Zeichen für die Einheit: im griechisch geprägten Osten des Römerreichs eine einheitliche, auf ökumenischen Konzilien geprägte gemeinsame Redeweise beim Predigen über den Erlöser und im lateinischen Westen eine einheitliche Kirchenführung durch den römischen Papst. Darüber zerbrach die eine Kirche in rivalisierende Kirchtümer mit der nämlichen geistlichen Würde, jedoch von unterschiedlicher Erscheinung. Im Gegensatz zu den alten Spaltungen verursachte die Reformation des 16. Jahrhunderts, dass ein Teil der Kirche als gottwidrig verwarf, was ansonsten als göttliches Erbe galt; echte Widersprüche über das heilige Erbe waren die Folge, und neben der Kirche entstanden noch kirchliche Gemeinschaften. Nach dem Tridentinum blieb der Unterschied zwischen den alten und den neuen Spaltungen unbeachtet; grauenhafter Konfessionalismus war die Folge. Gegen ihn bezog das 2. Vat. Konzil in den Art. 14 - 16 der Kirchenkonstitution Stellung.
Autorenportrait
Ernst Christoph Suttner, ist emeritierter Professor für Patrologie und Ostkirchenkunde der Universität Wien.