Beschreibung
Historische Untersuchungen zum Alltag während des Zweiten Weltkrieges sind möglich, solange Zeitzeugen leben. Die freischaffende Historikerin Dr. Nicole Billeter hat eine solche Studie für die Zürichseegemeinde Richterswil erarbeitet und präsentiert die Ergebnisse in diesem Buch. Die elf befragten Zeitzeug/-innen mit Jahrgängen 1915 bis 1931 zeichneten ein Bild von grosser selbstverständlicher Entbehrung und harter Arbeit. Ängste und Sorgen der Kriegszeit waren ihnen noch sehr präsent und wurden freimütig erzählt. Korrektheit und Bescheidenheit war in allen Richterswiler Häusern normal, wo auch die Kleinsten mitarbeiten mussten und Freizeit ein seltenes Gut war. Während des Zweiten Weltkrieges waren die RichterswilerInnen einander gegenüber solidarisch: so konnte eine Hausfrau schon auch einmal etwas mehr Mehl bekommen - auch ohne Lebensmittelmarken. Oder die Familie mit Radio stellte die Nachrichten lauter und öffnete die Fenster, damit die radiolose Nachbarsfamilie mithören konnte. Mit Interesse beobachteten die Kinder die einquartierten Soldaten und durften auch einmal mitchäpsle. Gleichzeitig zogen sich Gräben durch das Dorf. Da war beispielsweise die gut organisierte Arbeiterschaft der Industrie im Dorf, die für ihre Rechte kämpfte und keinenfalls die Kappe vor den 'Herren mit Stehkragen' ziehen wollte. Frauen hatten einen eigenen Wanderclub, weil sie nicht mit den Männern die Freizeit teilen sollten. Der katholische Pfarrer ging mit seinen SchülerInnen weg, wenn ein katholischer Feiertag anstand, um die Reformierten nicht zu ärgern. Die Studie 'Bezeugte Zeit. Kriegsalltag in Richterswil 1939-1945' zeigt Privates und Öffentliches der Zürcher Gemeinde. Sie stützt sich auf Zeitzeugen-Interviews, ordnet die Aussagen thematisch und kommentiert sie wissenschaftlich. So entstand eine einzigartige Studie, die nicht nur unterhaltsam zu lesen ist, sondern auch eine Forschungslücke füllt.