Beschreibung
Ähnlich wie die Pop-Art ist der Jugendstil zum ewigen Wiedergänger geworden und begegnet uns heute als Retro-Kitsch auf Postern, Postkarten, Plattencovern und Deko-Artikeln aller Art in Millionen Wohn- und Jugendzimmern. Angetreten war er jedoch als Reformbewegung, die nicht nur die Kunst sondern die ganze Lebenswirklichkeit erfassen wollte und - unter anderem mit Bezug auf die englische Arts-and-Crafts-Bewegung - eine Rückkehr zum Handwerklichen propagierte, die dekorativen Künste aufwertete. Mit seiner Begeisterung für florale Ornamentik und verführerische schlanke Frauengestalten mit fließenden Haaren brachte er Schwung, Eleganz und Sinnlichkeit in die Malerei, Gebrauchsgrafik, Architektur und die Gestaltung von Gebrauchsgegenständen, die nicht nur funktional, sondern auch schön sein sollten. Und schließlich befreite er durch seine Reformkleidung nicht nur nebenbei die Frau vom Terror des Schnürkorsetts. Dieser Band zeichnet das ästhetische und politische Programm des Jugendstils nach und untersucht die unterschiedlichen lokalen Ausprägungen in Zentren wie Wien, Glasgow, München, Weimar und Chicago. Herausragende Vertreter wie Victor Horta, Antoni Gaudí und Charles Rennie Mackintosh werden im Zusammenhang mit den Hauptstädten ihres Schaffens vorgestellt. Das Ergebnis ist das lebendige Porträt einer Epoche und einer Bewegung, die fester Bestandteil unserer Vorstellung vom Fin de siècle und der Entstehungsgeschichte des Modernismus ist.
Autorenportrait
Klaus-Jürgen Sembach organisierte die Ausstellungen "Die Nützlichen Künste" (1981, Berlin), "Zug der Zeit - Zeit der Züge" (1985, Nürnberg) und "So viel Anfang war nie - Deutsche Städte 1945-1949" (1989, Nürnberg und Berlin). Zudem veröffentlichte er zahlreiche Schriften über Architektur, Design, Fotografie und Film.